Ein Nachruf für einen außergewöhnlichen Künstler: Attila Murat Aydın (MAXIM R.I.P.)
Es ist nun schon ganze 14 Jahre her, als einer der einflußreichsten Künstler der Berliner Hip Hop Kultur diese Welt verlassen hat. Es war der 13.06.2003, ein schöner Sommertag und für Maxim sicherlich ein sehr schöner, denn er wurde an diesem Tag 33 Jahre alt, es war SEIN Ehrentag. Aber leider machte ihm, seiner Familie und der ganzen Hip Hop Community ein offensichtlich verwirrter 75-jähriger Rentner einen Strich durch die Rechnung. Dieser Fall führte seiner Zeit zu viel Aufruhr, denn der Täter, der nach widersprüchlichen Aussagen angeblich aus Notwehr handelte, wurde tatsächlich freigesprochen. Ein Mann, sei er jung oder alt, der einem Menschen ein Messer mit einer Klinge von 9cm ganze 13cm tief in die Brust rammt, hat sich in meinen Augen seiner Wut, seinem Frust oder seiner Abscheu gegen was auch immer Luft gemacht. Einer angeblichen Verteidigung muss ganz klar mehr vorausgehen, als ein simples Ansprechen auf einen Streit der kurz zuvor mit Maxims Frau in einem Supermarkt statt fand.
Mein Nachruf soll hier aber nicht nur die Tragödie im Sommer 2003 ansprechen, sondern vielmehr Maxims Schaffen zu Lebzeiten.
Für mich wirkte Maxim immer wie die Ursuppe des Hip Hop in Deutschland. Ich habe selten einen Menschen kennengelernt, der derart Hip Hop verkörpert. Der konsequent fast alle Elemente der Hip Hop Kultur praktizierte. Gefeiert und gefördert hat er alle gleichermaßen, herausstechen werden aber immer seine Beatbox und Graffiti Skills. Er war es, der All-City unterwegs war, immer auf der Suche nach Künstlern, die talentiert waren und das entsprechende Herzblut mitbrachten. Hip Hop ist und war auch für ihn immer eine Lebenseinstellung, keine Sache, die man zu sehr melken darf. Er förderte die Jugend, zeigte Ihr dadurch automatisch, dass man seinen Frust oder seine Langeweile kanalisieren kann und sich mit einem der 4 Elemente des Hip Hops ausdrücken, man die inneren Kämpfe in Form von Battles ausleben kann.
Er hat so vielen großartigen Crews Ihren Namen gegeben, ob ‚Glorious Five Artists (GFA)‘, ‚Islamic Force‘, ’36 Boys‘ und natürlich seine eigene Crew ‚Bright Kingdom (BK’s)‘, er brachte einfach oft die richtigen Menschen mit der gleichen Einstellung zusammen.
Attila Murat „The Mighty Maxim“ Aydin bleibt in so vielen Hip Hop Herzen verankert und er darf einfach nicht vergessen werden.
Da nicht nur wir Maxim feiern, sondern auch soviel andere Künstler, kommt hier noch ein Gastbeitrag von DJ Cut’em T von Islamic Force:
Begegnung am Wittenbergplatz- Wer ist der Typ mit dem Tag auf dem Rucksack?
Als ich 14 Jahre alt war – also im Jahr 1988 – hatte ich einen besten Freund. Er hieß Petar Kundid und war ein Mitschüler vom Gymnasium. Petar und ich waren Hip Hop Künstler, er war ein Writer, nannte sich „sor6 – se optical revolution“ und ich war DJ mit dem Namen „DJ Cut´ em T“. Wir hangen jeden Tag zusammen und machten unsere Action. Eines Abends chillten wir am U-Bahnhof Wittenbergplatz, quatschten und schauten in der Gegend herum. Plötzlich sahen wir einen Typen mit fetten Sneakers und einem Rucksack, auf dem ein Tag stand auf dem Bahnsteig hin- und her schlendern.Damals war Hip Hop in Deutschland Underground Kultur und man war immer auf der Suche nach Gleichgesinnten, um sich auszutauschen über Styles und Sounds. Wir erkannten uns untereinander zuerst immer an den Klamotten, besonders an Sneakers, Baseballjacken und vor allem Tags an Taschen oder Klamotten. Unsere Tags waren unsere Visitenkarten. Es gab Ende der 80er in Westberlin einige sehr bekannte Writer/Tagger, wie z.B. Zombie, Amok, Roc, Shek, AAM und Maxim um nur einige zu nennen.
Dieser Typ jetzt vor unserer Nase sah wirklich sehr nach Hip Hop aus. Eigentlich wie ein lebendig gewordener New-York-Style B-Boy Charakter um genau zu sein…faszinierend… Wir lasen den Tag auf seinem Rucksack: MAXIM. Wow. Maxim. DER bekannte Maxim? Krasse Action, Mann…wir MUSSTEN unbedingt mit ihm reden – mussten ihn auf jeden Fall kennenlernen und sind deshalb mit in seinen Zug Richtung Krumme Lanke eingestiegen. Es war schon spät und genau die entgegengesetzte Richtung, aber das war uns egal. Wir mussten ihn UNBEDINGT kennenlernen. Also rein in den Zug und auf die B-Plätze gesetzt. Vis a vis. Der Waggon war leer nur Maxim und wir. Er musterte uns eine Weile und fragte dann sowas wie: Seid ihr Hip Hopper? Wir gleich voll abgegangen: „Ja natürlich. NUR Hip Hop – nix anderes, Rap Music, Graffiti…“
Er hatte eine Schallplatte dabei, hielt sie hoch und sagte: „Das ist eine Promo-Copy von Afrika Bambaataa. Irgend ein neuer Mix oder Remix oder so. (Leider kann ich das heute nicht mehr genau erinnern) Etwas sehr Exklusives, was gerade aus New York gekommen war. Krasssss. Unglaublich, es war wie ein Traum. Dieser Typ war unglaublich cool, er war aktiv in der Hip Hop-Szene und ausserdem auch noch super nett. Obwohl er uns Lichtjahre voraus war, nahm er uns ernst, redete ganz normal mit uns. Sowohl vom Altersunterschied, aber vor allem von seiner Erfahrung her hätte er uns viel abwertender behandeln können. Aber so war Maxim nicht. Es ging ihm immer um Kreativität und die Leidenschaft an der Kunst. Wer Energie in seine Kunst legte, der wurde von Maxim ernst genommen. So kannte ich ihn von 1988 – 2001.
Petar erzählte ihm von seinen Styles und dass er in eine Writer Crew einsteigen wollte. Als er erwähnte, dass er Kroate sei, fing Maxim an über einen Writer Namens „Kazim“ und seine Crew „Jugo Stars“ zu erzählen. Maxim versprach SOR IV mit Kazim zusammen zu bringen. Yeahhh Booooyyy… Dann fragte er mich, was ich machte und ich erzählte von meinem DJing. Ich könne mixen und scratchen und suchte ebenfalls eine Crew. Meine Eltern kamen aus der Türkei und somit war für Maxim klar, mit welcher Crew er mich zusammen bringen wollte: Islamic Force! Wow…was für ein mächtiger Name…Maxim schrieb sich unsere Telefonnummern auf– damals gab es für uns noch keine Handys, nur Festnetz Telefone. Mann war DAS eine sensationelle Begegnung. Und das auf einen Sonntag Abend, wo wir eigentlich kurz davor waren uns voneinander zu verabschieden und nach Hause zu fahren. Wir waren voll happy und so aufgedreht, dass wir jetzt erst recht keinen Bock mehr hatten nach Hause
zu fahren. Aber wir mussten. Es war Mitternacht und wir erst 14 Jahre alt…
Rest In Peace Bruder, wir sehen uns im Himmel…
DJ Crash